Jagd auf Waschbär geplant

Schäden im Vogelschutzgebiet

Vor zwei Jahren hatten Waschbären im Linumer Teichland das Gelege einer Flussseeschwalbenkolonie erstört. Auch unter Bodenbrütern richten die Räuber große Schäden an. Erstmals ist deshalb eine Jagd auf Waschbären geplant – außerhalb der Brutsaison natürlich, wie Naturaufseher Florian Dalibor berichtet.

Linum. Einen schöneren Arbeitsplatz als Florian Dalibor kann man kaum haben. Seit fast einem Jahr arbeitet der 55-Jährige als Naturaufseher im Linumer Teichland. Im Auftrag der Naturschutzstiftung Naturerbe Nendel ist der Ingenieur täglich in dem großen Vogelschutzgebiet unterwegs. An manchen Tagen hört Dalibor die hellen Schreie eines Seeadlerpärchens. Ende 2013 hatte der Hamburger Karsten
Nendel das Teichland erworben. Mit Naturschützern vor Ort und der von ihm gegründeten Stiftung will er das Biotop erhalten und weiterentwickeln. Noch ist der Masterplan, was dort geschehen soll, nicht ausformuliert. Sicher aber ist, dass die Stiftung in den kommenden fünf Jahren in Dämme investieren muss, deren Standfestigkeit in den vergangenen Jahren gelitten hat. Auch für den Schutz von Bodenbrütern will die Stiftung etwas tun – Räuber wie Waschbären oder Marderhunde räumen zu oft ihre Nester aus.

Der Außendamm ist an einigen Stellen schon sehr schmal Wie viel die Stiftung in die Dämme investieren muss, ist noch nicht abzusehen. Naturaufseher Dalibor, der einzige Mitarbeiter der Stiftung, kennt jedoch schon mehrere Schwachstellen. So ist der Außendamm an einigen Stellen inzwischen sehr schmal. „Das macht mir Sorge.“ Kleinere Dammreparaturen hatte Dalibor zuletzt selbst übernommen. Um größere
Reparaturen wird die Stiftung sich kümmern müssen. Im schlimmsten Fall – bei einem Bruch des Außendammes etwa – könnten große Mengen Wasser auf die umliegenden Felder fluten.

Waschbären und Wildschweine sollen bejagt werden
Biber und vor allem Wildschweine schädigen die Dämme zum Teil beträchtlich. Nach der Brutzeit soll deshalb Jagd auf die Schwarzkittel gemacht werden. Auch Waschbären sollen dann erstmals abgeschossen werden.
Vor zwei Jahren hatten die Räuber das gesamte Gelege einer Flussseeschwalben-Kolonie zerstört. Zwar hielten Elektrodrähte den Waschbären zuletzt von der Kolonie fern. Doch die Gelege vieler zum Teil seltener
Bodenbrüter schmecken ihm auch. „Die Schäden, die der Waschbär anrichtet, sind riesig“, sagt Stiftungsgründer Nendel.

Dalibor weiß, dass der Abschuss der Räuber unter Naturschützern umstritten ist. Die Jagd sei deshalb zunächst nur als Versuch gedacht, sagt er. „Wir müssen sehr sorgfältig gucken, ob der Abschuss tatsächlich Auswirkungen auf den Vogelbestand hat.“ Wissenschaftliche Arbeiten geben möglicherweise auch eine Antwort auf die Frage, wie mit Waschbären umzugehen ist. In einer Masterarbeit beschreibt eine
Studentin derzeit den Einfluss von Neozoen – invasiven Tierarten – auf die Brutvogelgemeinschaften im Linumer Teichland.
Eine andere Forschungsarbeit untersucht die Losung der Linumer Waschbären, um herauszufinden, was die Räuber tatsächlich gefressen haben.

In einem verlandeten Teich sollen sich wieder Amphibien ansiedeln
Im nächsten Winter möchte Dalibor ein weiteres Projekt angehen – die Wiederansiedlung von Amphibien im so genannten Sandbergteich. Seit längerem droht der etwa sechs Hektar Teich zu verlanden. Auf dem von Bäumen und Sträuchern bewachsenen Areal steht das Wasser teilweise nur noch 20 Zentimeter hoch. „Man müsste das Sediment wieder herausholen lassen“, sagt Dalibor. In einer Ausschreibung sucht die Stiftung nach Experten für das Projekt. Ob die Sanierung des Teichs im nächsten Winter beginnen kann, wird jedoch auch von Fördermitteln abhängen.
Das Linumer Teichland ist etwa 400 Hektar groß, mehr als die Hälfte davon sind Wasserflächen. Dalibor hat Wochen gebraucht, um das riesige Areal, das zum Teil auch an die Naturschützer vom Landschaftsförderverein und dem Vogelschutz-Komitee verpachtet ist,
kennenzulernen. Er vertraut auf den Erfahrungsschatz der örtlichen Experten und berät sich regelmäßig mit ihnen. „Es gibt sehr viel Wissen“, sagt Dalibor. „Wir wären dumm, wenn wir das ignorieren würden.“

Allerdings weiß auch Dalibor, dass er für seine neue Aufgabe einen langen Atem braucht. Größere Dammreparaturen dürfen nur gemacht werden, wenn sie Vögel möglichst wenig stören – in den drei Wintermonaten.

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung
vom 25.02.2016 von Frauke Herweg

Ein Nordlicht für die Linumer Teiche

Die Linumer Teichlandschaft gehört zu einem der bedeutendsten Vogelschutzgebiete rund um Berlin.
© Quelle: Peter Geisler

Karsten Nendel aus Hamburg erwarb 2013 die Linumer Teichlandschaft, eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete rund um Berlin. Gemeinsam mit Naturschützern vor Ort will Nendel das Biotop erhalten und weiterentwickeln.

Im Herzen war Karsten Nendel schon immer Naturliebhaber. „Ohne die Natur wäre Leben auf der Erde doch gar nicht möglich“, sagt der 71-Jährige. Deswegen musste der Hamburger, der in der Hansestadt direkt am Elbufer lebt, auch nicht lange überlegen, bevor er Ende 2013 die Linumer Teichlandschaft erwarb. „Das ist eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete rund um Berlin“, sagt er. Gemeinsam mit Naturschützern vor Ort will Nendel das Biotop erhalten und weiterentwickeln.

Karsten Nendel leitete lange ein Unternehmen zur Produktion von Parfümen, Aromen und ätherischen Ölen – wie vor ihm schon sein Großvater und Vater. Vor fünf Jahren übernahmen Nendels Kinder die Geschäfte. „Und ich kann mich nun dem Naturschutz widmen“, sagt er. Denn wenn man eines braucht dafür, dann seien es Zeit und Geld, so der Rentner. Als er in den Ruhestand ging, gründete Karsten Nendel die Naturschutzstiftung Naturerbe Nendel. Im Alleingang lenkt er seitdem deren Geschicke. Ein Vorteil gegenüber den vielen anderen Stiftungen, wie er glaubt: „Ich gebe kein Geld für Verwaltung oder Werbung aus. Alles was ich reinstecke, fließt auch in den Naturschutz.“ Drei Projekte unterstützt der studierte Chemieingenieur derzeit mit privatem Kapital. Neben dem Linumer Teichland sind das eine Streuobstwiese mit seltenen Orchideen-Arten in Sachsen-Anhalt und eine Grünlandfläche bei Bresewitz an der Ostseeküste.

Die Teiche nördlich des Storchendorfs erfordern derzeit Nendels besondere Beachtung. „Das Gebiet hat darunter gelitten, dass in der Vergangenheit jeder seine eigenen Überzeugungen umsetzen wollte“, so der Investor. Nun sollen die Naturschützer wieder an einem Strang ziehen. Die Richtung aber gibt Nendel vor. „Anders geht es nicht“, sagt der Stiftungsinitiator. Immerhin müsse er mit den Linumer Teichen kein Geld verdienen wie der Vorbesitzer. „Mein Interesse ist es, die Natur zu erhalten.“

Im Rahmen zweier Bachelorarbeiten von Studenten wird es nun erst mal eine Bestandsaufnahme in der Teichlandschaft geben. Die Aufnahmen einer Wildkamera werden derzeit ausgewertet. Nendel und seine Mitstreiter wollen herausfinden, welche Raubtiere es dort gibt. So würden Waschbären und Marderhunde die Gelege der Vögel vernichten. „Schwarzwild wühlt die Dämme auf, die dann zu brechen drohen“, erklärt Karsten Nendel weiter. „Dort einzugreifen, Tiere zu töten, gehört zu den Dingen, die mir sehr schwer fallen. Und trotzdem müssen sie gemacht werden.“ Für den Naturliebhaber sind diese Maßnahmen „eine Gratwanderung“. Als nächster Schritt werden Schutzmaßnahmen für Bodenbrüter und Strategien zur Vermeidung von Dammschäden entwickelt, kündigt Nendel an. Teiche, aus denen das Wasser im Winter abgelassen wird, sind bereits angelegt. Dort sollen sich Amphibien ansiedeln. Im Frühjahr sollen dann Stauwerke, Dämme sowie Zu- und Abflussmengen unter die Lupe genommen werden.

Karsten Nendel ist bewusst, dass die technische Instandsetzung der Teiche vor allem ein finanzieller Kraftakt wird. „Die genauen Kosten hängen sehr vom Zustand der Dämme ab, den ich noch nicht genau kenne“, sagt er. Aber allein für Kontrolle und Erhaltung der Anlagen rechnet der Hamburger mit Aufwendungen zwischen 50.000 und 60.000 Euro. „Damit haben wir dann aber noch keinen Dammbruch behoben, noch keine Büsche und Sträucher entfernt, den Zustand noch nicht verbessert.“

Bislang finanzierte Karsten Nendel sämtliche Maßnahmen aus dem Stiftungsetat. Fördermittel habe er noch nicht gesehen – in seinen Augen unverständlich, sei doch Naturschutz eigentlich Staatsaufgabe. Der neue Eigentümer der Linumer Teiche kann sich auch ganz praktische Unterstützung vorstellen: „Ein Arbeitseinsatz durch den Bauhof der Gemeinde zum Beispiel.“ Zwar habe es seinerseits noch keinen Kontakt mit der Gemeinde Fehrbellin gegeben, doch das will Karsten Nendel bald nachholen. „Im ersten Jahr habe ich mich erstmal voll und ganz mit dem Objekt beschäftigt“, erklärt er.

Hervorragend laufe dagegen bereits die Zusammenarbeit mit den Kräften vor Ort, lobt der emsige Ruheständler: Der Draht zu Henrik Watzke und Marion Szindlowski von der Nabu-Naturschutzstation Linumer Storchenschmiede sowie zu Norbert Schneeweiß und seinen Männern von der Naturschutzstation Rhinluch sei gut. „Ohne deren Unterstützung wäre ich hier schon gegen die Wand gelaufen und ohne sie hätte ich mir dieses Projekt auch nicht zugetraut“, sagt Karsten Nendel über seine Helfer. Er ist sich sicher: „Geld zu haben ist das eine, aber ohne die nötige Fachkompetenz können wir hier nichts verändern.“

Von Christoph Brandhorst

Quelle: Ein Nordlicht für die Linumer Teiche (maz-online.de)
15.12.2014, 11:57 Uhr